Vortrag auf der re:publica Hamburg
21.09.2024 14:10 Uhr – 14:40 Uhr - Neo House
UPDATE: Der Vortrag ist jetzt online verfügbar.
Im Sommer 2023 startete die Polizei Hamburg ein KI-Überwachungsprojekt am Hansaplatz, das "atypisches
Verhalten"
erkennen und melden sollte. Ende des Jahres wurde stolz der Ausbau des Projekts und seine bemerkenswerte
Trefferquote von 92% verkündet.
Doch wie aussagekräftig ist diese Zahl überhaupt? Und welche Verhaltensweisen markiert das KI-System als
"atypisch"?
Wir vom Bündnis Hansaplatz haben uns das System und Details zur Evaluation genauer angesehen. Trotz
mangelnder Transparenz der Behörden konnten wir dabei aufdecken,
dass die Realität der KI-Überwachung weit weniger beeindruckend ist als behauptet.
Erfahrt in unserem Vortrag, wie irreführende Zahlen und intransparente Kommunikation den Ausbau dieser
Technologie rechtfertigen sollen und welche
Auswirkungen das auf die Menschen am Hansaplatz und auf unsere Freiheitsrechte hat.
Petition gegen die Bezahlkarte in Hamburg
Wir als Bündnis setzen uns nicht nur gegen Überwachung, sondern auch für soziale
Gerechtigkeit ein. Die Bezahlkarte für Asylbewerber*innen betrifft, wie viele andere Projekte auch, beide Themen. Daher möchten wir auf die
NEIN zur "Bezahlkarte" in
Hamburg hinweisen.
Pressemitteilung zur Evaluation des Pilotprojekts zur KI-Überwachung am Hansaplatz (Stand
09.04.2024)
Irreführende Kommunikation über Ergebnisse der KI-Überwachung am Hansaplatz
Ende 2023 wurde in einer knappen dpa-Meldung bekannt gegeben, dass die intelligente
Videobeobachtung nach erfolgreicher Testphase am Hamburger Hansaplatz im Rahmen eines
zweijährigen Anschlussprojektes weiterentwickelt und ausgebaut werden soll. Die
Innenbehörde verweist dabei auf eine Evaluation, welche den Nutzen der KI-Überwachung für
die "frühzeitige Erkennung von Gefahrensituationen inklusiver schneller polizeilicher
Intervention" belege. Einzelheiten zur Evaluierungsmethodik oder den verwendeten
Analysekriterien werden in der Meldung nicht genannt.
Im Hinblick auf die Ergebnisse wird berichtet, dass während der Testphase "elf polizeilich
relevante Vorfälle von der Technik ausgemacht" worden seien. Darunter war eine gefährliche
Körperverletzung, bei der eine Person augenscheinlich gegen den Kopf einer anderen getreten
haben soll. Die explizite Hervorhebung der gefährlichen Körperverletzung suggeriert, dass auch
die anderen zehn polizeilich relevanten Vorfälle mit schweren Straftaten in Verbindung stehen,
wodurch sich der Ausbau der Überwachungstechnologie am Hansaplatz rechtfertigen ließe.
Eine Anfrage der Linken an den Senat zeigte jedoch: Kein weiterer "polizeilich relevanter
Vorfall" hatte ein Strafverfahren zur Folge.
Vielmehr legt die Senatsantwort dar, dass es sich bei einer Mehrheit der Vorfälle um Situationen
ohne klaren Gefahrenbezug handelt (Übersicht der erfassten Vorfälle kann in Anfrage
22/14472 nachvollzogen werden). Das
explizite Hervorheben der schweren Körperverletzung in
der dpa-Meldung zeichnet demnach das Bild eines Bedrohungsszenarios, welches sich mit
einem genauen Blick in die Daten nicht aufrechterhalten lässt.
Kleine Anfragen werfen Fragen zum Framing der Ergebnisse auf
Ende März wurde in einer von SPD und Grünen
kürzlich veröffentlichten gemeinsamen Pressemitteilung die Trefferquote des Systems bei der
Erkennung vermeintlicher
"Gefahrensituationen" mit 92 Prozent beziffert - ohne jeglichen zusätzlichen Kontext zu
benennen. Aus der bereits erwähnten
(22/14472) sowie einer weiteren
(22/13988) kleinen
Anfrage der Linken an den Senat ergibt sich jedoch ein deutlich abweichendes Bild von den
Ergebnissen des Pilotprojekts am Hansaplatz: Die intelligente Videobeobachtung, die zwischen
dem 21. Juli und dem 17. September 2023 eingesetzt wurde, lieferte bei 11 von 12 von der Polizei
als "Gefahrensituationen" eingestuften Vorfällen einen Hinweis, was die auch in den Anfragen
genannte Trefferquote von 92% erklärt. In den Pressemitteilungen wurde jedoch nicht erwähnt,
dass das System während des Testbetriebs durchschnittlich einmal pro Stunde einen Hinweis
erzeugte, insgesamt also etwa 1.140 Mal. Die generierten Hinweise bezogen sich damit nur in
knapp 0,1% der Fälle auf als "polizeilich relevant" eingestufte Situationen. Von den übrigen
Hinweisen wurden nur 64 "stichprobenartig" von der Polizei ausgewertet, um festzustellen,
welche Posenschätzungen oder "atypischen Bewegungsmuster" der jeweiligen Detektion des
Systems zugrunde lagen. Dabei wurden vermeintlich keine "eindeutig falschen" Detektionen
festgestellt. Bei dieser Auswertung musste sich die Polizei offenbar auf ihre eigene Interpretation
der Bewegungsmuster auf den Videobildern verlassen, da die vom System detektierten
Bewegungsmuster aus "Wirtschaftlichkeitsgründen" bei der Erzeugung der Hinweise nicht mit
übertragen wurden, obwohl sie für eine korrekte Auswertung entscheidend sind. Die in den
kleinen Anfragen beschriebene Evaluationsmethodik erlaubt daher keine statistisch belastbaren
Schlussfolgerungen über den "Erfolg" des pilotierten Systems.
Angesichts der vorgehaltenen Informationen müssen die bisher in der Presse verbreiteten
Ergebnisse der intelligenten Videobeobachtung infrage gestellt werden. Es entsteht der
Eindruck, dass die Innenbehörde eine ernsthafte Diskussion über die Verhältnismäßigkeit und
Wirksamkeit der KI-basierten Überwachungstechnologie mittels irreführender Kommunikation
vermeiden möchte. Da die geplanten Überwachungsmaßnahmen täglich Tausende Menschen
betreffen und ihre konkrete Ausweitung geplant ist, halten wir das Vorgehen für höchst
fragwürdig und undemokratisch.
Betroffene und soziale Einrichtungen am Hansaplatz bleiben außen vor
Das undemokratische Vorgehen der Innenbehörde zeigt sich weiterhin darin, dass weder die in
St. Georg ansässige Bevölkerung noch die am Hansaplatz engagierten Vereine und sozialen
Einrichtungen in der Evaluation der Testphase ernsthaft berücksichtigt wurden (siehe ebenfalls
Anfrage 22/14472). Es stellt sich
die Frage, welchen Wert eine Evaluation hat, die die von der
Überwachung besonders betroffenen Personen (z. B. Personen, die es sich nicht leisten können,
5€ für ein Bier in einer Bar auf der Langen Reihe zu bezahlen und den öffentlichen Raum am
Hansaplatz regelmäßig nutzen oder auch Sozialarbeiter*innen, die mit Sexarbeiter*innen und
drogenkonsumierenden Menschen am Hansaplatz zusammenarbeiten) in ihrer Analyse bewusst
außen vor lässt. Bereits im Vorfeld der Einführung der KI-Überwachung
hatten sich die am
Hansaplatz engagierten Vereine und Einrichtungen kritisch gegenüber des Projektes geäußert.
Die Antworten des Senats auf die Anfragen der Linken deuten darauf hin, dass die Testphase der
intelligenten Videobeobachtung am Hansaplatz ausschließlich hinsichtlich technischer Aspekte
einer (unzureichenden) Evaluation unterzogen wurde. Die Innenbehörde ignoriert die sozialen
Belange des Stadtteils und setzt die KI-Überwachung ohne den Einbezug der Akteure, die sich
tagtäglich für die Interessen der Menschen am Hansaplatz einsetzen, durch. Eine Evaluation
sollte sowohl quantitative als auch qualitative Kriterien berücksichtigen und von einer
unabhängigen Institution durchgeführt werden - und dabei die von SPD und Grünen im
Koalitionsvertrag vereinbarte "Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit"
gewährleisten. Der Ausbau der KI-Technologie ist auf Basis der Evaluation und der irreführenden
öffentlichen Kommunikation der Innenbehörde nicht zu rechtfertigen
Petition
Unterzeichnet gerne unsere
Petition. Wir
freuen uns über eure Unterschrift.
Kundgebung gegen Überwachungsstaat und Verdrängung30.09, 15:00 Uhr Hansaplatz
Der Hansaplatz wird aktuell testweise mit Künstlicher Intelligenz (KI) überwacht. Damit will die
Polizei einen Präzedenzfall schaffen,
um KI-basierte Videobeobachtung salonfähig zu machen und später an weiteren Orten, wie dem Hamburger
Hauptbahnhof, einzusetzen. Hier geht es nicht um Sicherheit,
sondern um die Verdrängung von obdach- und wohnungslosen, sowie auch von drogenkonsumierenden
Menschen, von Sexarbeiter*innen und weiteren Personengruppen.
Echte Unterstützungsmaßnahmen werden damit erschwert und die Sicherheit der Betroffenen stattdessen
noch bedroht. Wir fordern daher ein sofortiges Ende der Überwachung und Verdrängung!
In einem aktuell laufenden Testprojekt werden die Daten der Videokameras auf dem Hansaplatz von der
Polizei
mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet. Dabei sollen „atypische Bewegungsmuster“ erkannt
werden.
Zu diesen zählen Fallen, Treten, Schlagen, Schubsen oder auch Liegen. Begründet wird dies mit
mehr
Sicherheit und einer effizienteren Polizeiarbeit.
Die aktuelle Umsetzung der KI soll zwar keine Identifizierung durch Gesichtserkennung beinhalten
(andere
Identifizierungsmöglichkeiten wurden bisher nicht genannt, sind aber vermutlich auch noch nicht in
der
Umsetzung),
dennoch sind Bewegungsabläufe und Körperhaltung von Personen oft ausreichend für eine
Identifizierung.
Das
ist ein Angriff auf die Grundrechte und erschwert eine anonyme Bewegung an öffentlichen Orten oder
Teilnahme
an Demos!
Jede Ausweitung von Überwachung bewirkt außerdem eine Normalisierung solcher Maßnahmen und
führt
dazu,
dass
diese immer drastischer werden.
Senat und Polizei sind schon in der Vergangenheit hart gegen obdach- und wohnungslose Menschen
vorgegangen.
Hinzu kommt der Sparkurs der Ampel-Regierung,
welcher drastische Kürzungen im sozialen Bereich vorsieht und so bereits bestehende Probleme
verstärkt.
In
genau dieser Zeit wird die KI-basierte Videoüberwachung am Hansaplatz als einfache Lösung
für
städtische Probleme präsentiert und fügt sich als zusätzliches Puzzelteil in eine
von Investor*innen
und
Immobilienkonzernen maßgeblich beeinflusste Politik ein, die sich gegen die Menschen richtet,
die nicht in das Idealbild einer tourismusfreundlichen Stadt passen. Die KI-überwachung ist ein
Instrument
zur weiteren Verdrängung von obdach- und wohnunglosen sowie auch von drogenkonsumierenden Menschen,
Sexarbeiter*innen und weiteren Personengruppen.
Wissenschaftliche Studien belegen, dass Videoüberwachung Straftaten nicht verhindert. Bestehende
Probleme
werden nicht gelöst, sondern auf Nebenstraßen und Hinterhäuser verlagert.
Dort werden die Risiken für beteiligte Personen deutlich größer, statt kleiner. So fragen wir
uns,
wer
Sicherheit eigentlich definiert und für wessen Sicherheit gesorgt werden soll:
Für Passant*innen, obdach- und wohnungslose oder auch drogenkonsumierende Menschen,
Sexarbeiter*innen
oder
andere, denen der Hansaplatz ein Zufluchtsort ist?
Oder geht es doch eher um die Sicherheit von Wirtschaftsinteressen von Investor*innen,
Politiker*innen
und
Immobilienkonzernen?
Statt einer Verlagerung der Probleme durch einen Kampf gegen Menschen durch Überwachung und
Verdrängung,
fordern wir eine Verbesserung der Umstände, die diese realen Probleme verursachen.
Lasst uns dafür gemeinsam ein Zeichen setzen!
Unterzeichner*innen:
Wenn ihr diesen Aufruf unterzeichnen wollt, schickt uns eine
Email. Für eine verschlüsselte Kommunikation, nutzt
gerne unseren öffentlichen
PGP
Key.
Schwarz-Roter 1. Mai Bündnis |
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Hamburg Enteignet |
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Flora Kocht |
|
Antifa Hoheluft |
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Viertelzimmer Münzviertel |
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Unicorns Undogmatische Liste |
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GoBanyo |
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Cop Watch Hamburg |
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Lampedusa Hamburg (Theatre migration club) |
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Freundeskreis Sternbrücke |
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Linksaktiv Hamburg-Mitte |
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Johan Graßhoff, Straßensozialarbeiter für obdachlose Menschen |
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DIE LINKE Basisorganisation St.Georg |
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DIE LINKE Landesverband Hamburg |
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Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen
Bürgerschaft |
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Marco Hosemann, Sprecher der LAG Stadtentwicklung & Wohnen von DIE LINKE. Hamburg |
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Sabine Ritter, Ko-Landessprecherin DIE LINKE Hamburg |
|
Zwischenstopp Straße Obdachlosenhilfe Hamburg e.V. |
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anna elbe - Weitblick für Hamburg |
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Chaos Computer Club Hamburg |
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Artikel10 e.V. - Verein für digitalen Grundrechtsschutz |
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Freifunk Hamburg |
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AlgorithmWatch |
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Piratenpartei Hamburg |
|
Sea Punks Hamburg |
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Digitalcourage |
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